Weltweit fairer Handel und kein TTIP-Abkommen
Hasso Rosenthal, Holthusen 2015
Industriestaaten im Vorteil - Entwicklungsstaaten im Nachteil
Nach 1945 war die Weltwirtschaft zwischen der reicheren Nordhälfte
und der ärmeren Südhälfte geteilt. Wirtschaftsbeziehungen
der nachkolonialen Ära wurden von den Staaten des Nordens bestimmt.
Starken Einfluss nahmen dazu noch die Staaten unter der Führung der
USA und der UdSSR. Die Staaten des Warschauer Pakts versuchten sozialistische
Ideen zu verbreiten, während die des NATO-Pakts einen wirtschaftsliberalen
Kapitalismus protegierten. Im Zuge der Entwicklung der Vereinten Nationen
sollten Handelshemmnisse durch den Internationalen Währungsfond (IWF),
die Weltbank und das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) abgebaut
werden. Parallel mit den Abkommen erstarkte der internationale Handel,
allerdings sehr zum Vorteil der Industriestaaten und unter starker Benachteiligung
der Staaten der sog. 3. Welt.
Manchen geht’s besser
In den 70er Jahren konnten sich die „Schwellen-Länder“ (z.B. Brasilien,
China, Indien, Mexiko) dem Entwicklungsstand der Industriestaaten tendenziell
anpassen. In den 80er Jahren gelang das auch einer Reihe von Entwicklungsländern
(z.B. Iran, Saudi-Arabien, Algerien, Thailand, Kambodscha, Südkorea).
Vernetzung der Weltwirtschaft
Nach dem Ende der Comecon-Staaten in den 90er Jahren vernetzte die
Weltwirtschaft immer stärker. Gegenwärtig ist mit dem Fortschritt
der Kommunikationstechnologien, des Fortschritts im Transportwesen (z.B.
Automatisierung und Internationalisierung der Liefer- und Lagerlogistik,
Containerschifffahrt) und supranationale Unternehmen die Globalisierung
des Welthandels weit fortgeschritten. Dabei stellen die Industriestaaten
mit 15% der Weltbevölkerung eine Wirtschaftsleistung von 56% und ca.
70% der Weltexporte.
Weltweit faire Handels-Kooperation?
Um das Nord-Süd-Gefälle abzubauen, gibt es wenn auch wenig
erfolgreiche übernationale Konzepte der Entwicklungshilfe. Viele Nicht-Regierungsorganisationen
(NGO´s) streben die Idee der „Einen Welt“ mit der Umsetzung der „Hilfe
zur Selbsthilfe“ an. Deshalb wurde das GATT durch die „Welthandelsorganisation“
(WTO) abgelöst, deren Ansatz der Liberalisierung der Waren- und Dienstleistungssektoren
umstritten ist. Die UN-Konferenz für Welthandel und Entwicklung („UN-Conference
on Trade and Development“ UNCTAT) wurde auf Drängen der Entwicklungsländer
eingerichtet und findet seit 1964 in unregelmäßigen Abständen
statt. Doch haben die bisherigen Konferenzen nicht die von den Entwicklungsländern
in sie gesetzten Erwartungen erfüllt.
Wachsende Verschuldung der Länder der 3. Welt
Die Theorie der säkularen Verschlechterung der Maßzahl für
die Austauschposition eines Landes im Internationalen Handel durch den
Preisverfall der Rohstoffpreise (Terms of Trade) wurde 1950 von dem argentinischen
Ökonom Rául Prebisch (Generaldirektor der UN-Wirtschaftskommission
für Lateinamerika 1950-1963) veröffentlicht. Sie beschreibt die
Hauptursache für die immer weiter wachsende Verschuldung der Länder
der 3. Welt. Diese Staaten konnten für die Erlöse ihrer weltweit
gehandelten Rohstoffe immer weniger Industriegüter bezahlen. Diese
Theorie wird von den Entwicklungsländern verwandt, um ihre Bemühungen
für eine strukturelle Verbesserung ihrer Handelsbedingungen argumentativ
zu untermauern (UNCTAT). Gefordert wird eine faire Außenhandelstheorie
der WHO.
Wem nutzen neoliberale Tendenzen?
Kritisiert wird, dass mit den neoliberalen Tendenzen die Industriestaaten
ihre Vormachtstellung
weiter ausbauen können. Mit den bilateralen Handels- und Normenabkommen
wie zwischen Canada und der EU (CETA) bzw. der USA und der EU (TTIP) werden
nach Meinung der Kritiker die Handelshürden zwischen 1. und 3 Welt
weiter erhöht. Die Finanzkrise 2008 hat ihre Ursachen auch in der
weltweiten Verflechtung der Kapitalmärkte und den steuerlosen neoliberalen
Wirtschaftskonzepten.
Ungerechte Strukturen im Welthandel
Hauptgrund der ungleichen Verteilung der wirtschaftlichen Stärke
in den einzelnen Regionen der Weltwirtschaft sind die Strukturen des Welthandels.
Das multilaterale Welthandelsabkommen (General Agreement on Tarifs and
Trade 1947 – GATT) zur Herabsetzung der Zolltarife und
Handelsschranken sichert den Industriestaaten den Hauptanteil des Welthandels.
Multinationale Konzerne mit ihrem weltweiten Handel an Waren, Kapital und
Arbeit beeinflussen die Terms of Trade für Rohstoffe zu ihren Gunsten.
Tendenziell sinken die Preise für Rohstoffe aus der 3. Welt und steigen
die Preise für Industriegüter. Die Schere zwischen reichen und
armen Staaten geht immer weiter auseinander. Die Lebensverhältnisse
in der Welt sind von großer Ungleichheit und diese Situation verschlechtert
sich immer weiter. Messgröße für den Entwicklungsstand
eines Landes ist der von der UN herausgegebene Human Development Index
(HDI). Er besteht aus drei Faktoren:
1. Lebensdauer
2. Bildungsgrad
3. Pro Kopf Einkommen
Gerechte Weltwirtschaft !
Globalisierungskritikern ist es gelungen, die neoliberale Wirtschaftsideologie
zu entlarven und ihre Unstimmigkeiten und Brüche aufzuzeigen. Was
wir brauchen ist ein weltweites Handels- und Normenabkommen mit dem kollektiven
Ziel des allgemeinen Zollabbaus, dem Verbot der Diskriminierung und des
Abbaus mengenmäßiger Beschränkungen der Einfuhrkontingente.
Weltweites Zollabkommen
Mit dem GATT-Abkommen konnten Ende der 60er Jahre in der sog. Kennedyrunde
die wichtigsten Industrieländer ihre Zölle um 35% senken. In
den 80er Jahren wurde mit der Uruguay-Runde weitere Handelshemmnisse wie
Zölle verringert. 2/3 der Entwicklungsländer beteiligten sich
an dem Prozess.
Globalisierung und regionale Identität
Dabei sollten auch für Dienstleistungen wie Telekommunikation,
Finanzdienste, Lufttransporte, Bildung und Tourismus einheitliche Regeln
gelten. Dass allein bei der Bildung einheitliche Regeln eine Katastrophe
für die kulturelle Identität der Regionen bedeuten können,
scheint aus dem Bewusstsein der Verantwortlichen verdrängt worden
zu sein. Die Kritiker stellen in Frage, ob nicht kulturelle, regionale
Besonderheiten so geschützt werden sollten, dass ein „globales Diktat“
nicht Handel, Dienstleistungen und Kulturleistungen vor Ort gefährden.
Die Konzentration geht weiter
Die Struktur des internationalen Handelns wird durch die firmeninterne
Arbeitsteilung global operierender Firmen bestimmt. Supranationale
Töchter von global operierenden Unternehmen beteiligen sich mit 45%
am Welthandel. Also: Die Konzentration des weltweiten Handels auf 22 Staaten
mit 45% Anteil am Welthandel findet noch einmal eine Fokussierung auf wenige
multinationale Konzerne.
Weltweit faire Handels-Kooperation!
Die Welthandelsorganisation (WTO) hat es nicht geschafft, den Entwicklungsländern
zu helfen. John Maynard Keynes hatte im 2. Weltkrieg eine andere Form geregelter
fairer internationaler Handels-Kooperation der Staaten durchdacht. Er hat
das Projekt der Internationalen Handelsorganisation und eine Organisation
für Zahlungsausgleich (International Clearing Union ITU) angeregt.
Doch diesem Konzept, dem sich in der Nachkriegszeit die britische Regierung
angeschlossen hatte, wollten die anderen Industriestaaten nicht folgen.
Exkurs Völkerrecht
Probleme gibt es bei der Verfolgung des Ziels einer Angleichung der
Weltökonomie an Prinzipien des fairen Handels auch deshalb, weil es
keine intentionalen Rechtsverbindlichkeiten gibt:
Bei einem Grundsatz der Rechtsverbindlichkeiten und Pflichten der Staaten
untereinander
(Völkerrecht) muss bedacht werden, dass es
- kein zentrales Gesetzgebungsorgan gibt,
- keine Exekutive gibt, die Völkerrecht einfordern könnte
- keine Gerichtsbarkeit gibt, die global anerkannt ist.
Völkerrecht ist im Grunde ein System machtgestützter Umgangsregeln
für die internationale Politik mit folgenden Prinzipien:
1. das Prinzip der Gegenseitigkeit (nur fordern, was man selbst praktiziert)
2. die souveräne Gleichheit (jeder Staat, egal wie groß
oder klein er ist, hat denselben völkerrechtlichen Status)
Internationale Verhaltensregeln
Diese gelten aber auch nur dann, wenn diese wie in Deutschland übernommen
wurden (GG §55).
Viele „Verhaltensregeln“ fußen auf wechselseitig entwickelten
„Höflichkeitsformen“:
- Bevorzugung der Diplomaten
- Protokollarische Ehren bei Staatsbesuchen („Großer Bahnhof“)
- Sanktionen bei unerwünschten Handlungen „anderer“ Staaten (Hallstein-Doktrin,
Boykott des Iran bei dessen Atomaufrüstung)
Es gibt einige Entstehungsmotive für wechselseitig anerkannte Ausformungen
des Völkerrechts:
- völkerrechtliche bi- oder multilaterale Verträge (Schengen-Abkommen)
- allgemeine Rechtsgrundsätze („Egalité!!!“)
Vertrag mit universeller Geltung?
Ein Vertrag mit fast universeller Geltung ist die Satzung der Vereinten
Nationen (Charta 1945). Völkerrechtliche Handlungen gliedern sich
in Erklärungen und Realakte. Völkerrechtliche Verträge bestehen
aus in der Regel mehrseitigen Erklärungen mit dem Ziel der Schaffung
von Übereinkommen, die nach dem Verfassungsrecht des jeweiligen Staates
ihre Zustimmung im Parlament gefunden haben müssen. Erst wenn z.B.
in Deutschland der Vertrag vom Bundespräsidenten unterzeichnet wird,
ist er als verbindlich bestätigt worden. Allerdings beschreiben auch
verfasste Regeln der UN-Vollversammlung lediglich Absichtserklärungen.
So hatten zwar 191 Staaten 1990 die Kinderrechtskonvention unterzeichnet,
wird diese aber in Staaten wie Bangla Desh hemmungslos gebrochen.
Streit, Justiz und Schiedsgerichte-Prinzip der Unabhängigkeit
Bei denkbarem Streit gibt es einerseits die Möglichkeit diplomatischer
Verhandlungen. Andererseits kann auch eine Form der justiziablen
Einigung gewählt werden. Oft steht in einem völkerrechtlichen
Vertrag, dass es die Verpflichtung zu einem Schiedsgerichtsverfahren gibt,
dessen Urteil man sich zu unterwerfen habe.
Internationale Gerichtbarkeit
Eine internationale Gerichtsbarkeit wie die des Internationalen Gerichtshof
(IGH) in Den Haag unterscheidet sich von einfacher Schiedsgerichtsbarkeit
dadurch, dass die Richter nicht von den
Streitparteien ausgewählt werden. Formen der Wiedergutmachung
in einem Streitfall können
? die Wiederherstellung des früheren Zustands sein,
? Schadenersatz oder die Leistung von „Genugtuung“ (Geldbuße,
Entschuldigung)
sein. Weniger problematisch ist, wenn Streitfälle in Staaten mit
ähnlichem Rechtshorizont vorkommen (z.B. Deutschland-Schweden). Knifflig
wird es, wenn die Ausrichtung sehr gegensätzlich ist (z.B. Deutschland-USA).
Säulen der Verfassung
Die Grundlage der Verfassung ist in der Regel eine Gesetzgebung unter
der Balance zwischen den drei Säulen eines Rechtsstaats:
A Legislative (Gesetzgebung im Parlament)
B Exekutive (ausführende Organe wie Stadtverwaltung, Polizei oder
Schule)
C Judikative (Richterliche Gewalt und Gesetzkontrolle)
Rechtsgrundsätze können sehr unterschiedlich sein
Jedoch gibt es aus historischen Gründen starke Unterschiede bei
den Strukturmerkmalen einzelner Regionen:
1. Der kontinental-europäische Regelkreis.
Ursprung war das Recht im römischen Staat („Civil Law“). Hier
wird noch unterschieden zwischen romanischen und germanischen Rechtsgrundsätzen.
Länder mit romanisch geprägter Rechtordnung snd z.B. Frankreich,
Italien, Belgien, Portugal oder Spanien. Länder mit germanisch geprägten
Rechtsordnungen sind Griechenland, Österreich, Deutschland, Schweiz,
Schweden, Türkei oder Japan.
2. Der anglo-amerikanische Rechtskreis („Common Law“)
Dazu gehören z.B. Australien, Großbritannien, USA, Kanada,
Neuseeland und die ehem. englischen Kolonien in Afrika.
3. Bis 1989 gab es noch den sozialistischen
Rechtskreis, stark orientiert an den Grundsätzen totalitärer
Systeme (Hannah Arendt). Die Säulen des Rechtsstaates spielten wie
im 4. Rechtskreis kaum eine Rolle.
4. Der Islamische Rechtskreis
Auch er ist stark an totalitären Nutzbarmachungen orientiert,
also fern bürgerlich-rechtsstaatlicher Prinzipien („Elemente und Ursprünge
totaler Herrschaft“ Hannah Arendt)
Schiedsgerichte-Prinzipien können sehr unterschiedlich sein
Schiedsverfahren, aber auch Verhandlungen beim Internationalen Gerichtshof
in Den Haag z.B. zwischen den USA und Deutschland werden aber auch durch
einen weiteren Umstand sehr erschwert: Das kontinental-europäische
Recht ist im Großen und Ganzen gesetzesorientiert (Code Law), während
das anglo-amerikanische Rechtssystem fallorientiert ist (Case-Law).
Fallentscheidend
Das Prinzip des Präjudizierens (beschreibt die Rolle von Gerichtsurteilen,
die spätere Entscheidungen beeinflussen (gerichtliches Musterurteil
– Präjudiz). In Deutschland legen oft Bundesgerichte Entscheidungen
fest, die für ähnliche Fälle fallentscheidend sind.
„Gesetz“ entstammt dem mittelhochdeutschen „ewe“ und dem gotischen „satjan“,
aus dem das mittelhochdeutsche „setzen“ entstand. Es ist der Bedeutungswendung
„festsetzen, bestimmen, anordnen“ zuzuordnen. Jedes vom Parlament verabschiedete
Gesetz bildet eine Grundlage der Gerichtsbarkeit, des Rechtswesens, indem
es z.B. dem Vorhaben „Verkehrssicherheit“ die Vorschrift
„rechts vor links“ generiert und damit dem Bürger mit der Einhaltung
dieser Regel eben ein verkehrssicheres Verhalten vorschreibt.
Der Fallentscheid (mhd. „val“; englisch „case“; lat. „casus“) meint
ein genau umschriebenes „Geschehnis“ bei einem Regelfall (Präjudiz).
Ein britischer Jurist sucht bei einem Prozess nach ähnlichen Fällen,
die bereits gerichtlich entschieden wurden.
Schiedsgerichte können nationales Recht aushebeln
Sehr problematisch (und ein Fall für das Bundesverfassungsgericht)
ist der Umstand, dass Schiedsgerichte im Rahmen der Freihandelsverträge
nationales Recht aushebeln und mit ihren Schlussfolgerungen Regierungen
in ihren Entscheidungen knebeln können.
Internationale Zusammenarbeit
Es gibt kein Völkergewohnheitsrecht, mit dem man z.B. mit dem
man z.B. eine gerechtere Besteuerung von Exporten aus der 3. Welt einfordern
könnte. Gerichtsentscheidungen, auch die internationaler Gerichte
sind für spätere Streitigkeiten nicht bindend. Allerdings sind
die Ziele der UN, die
1. Sicherung des Weltfriedens,
2. die Sicherung des sozialen Fortschritts
durch die Einrichtung eines umfassenden Systems der internationalen
Zusammenarbeit durchaus wirksame Wegweiser.
Hilfswerke der UN
Allerdings schreibt die Charta der UN auch vor, dass es das Prinzip
der Nichteinmischung gibt. Und dagegen verstoßen immer wieder auch
Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrates (z.B. USA, China und Russland).
Der von der Generalversammlung gewählte Wirtschafts- und Sozialrat
soll die Tätigkeiten der UN in wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen
und humanitären Fragen leiten und koordinieren. Dazu gibt es eine
Reihe von UN-Hilfswerken (UNESCO, UNHCR). Es gibt auch die „United Nations
Industrial Develeopment Organization (UNIDO), die als UN-Sonderorganisation
mit dem Sitz in Wien das Ziel verfolgen soll, die industrielle und technologische
Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der Entwicklungsländer durch
Förderung der technischen und sozialen Zusammenarbeit mit den Industriestaaten,
durch industriepolitische Beratung, Ausbildung von Fachkräften
sowie Technologie- und Investitionskooperation weiterzuentwickeln.
TTIP schottet die beteiligten Nationen von weltweiten Abkommen
ab
Die Welthandelsorganisation WTO ist dabei, ein neues globales Zollabkommen
unter Beteiligung von 160 Nationen umzusetzen. Durch niedrigere Zölle
und andere Maßnahmen sollen Exporte vereinfacht werden. Für
Elektronikprodukte wäre es die erste Zollsenkung nach 18 Jahren. Es
ginge um 25% des globalen Handels der Branche. Damit scheinen auch die
DOHA-Verhandlungen im November 2015 einen entscheidenden Anschub zu bekommen,
die weltweit den Handel begünstigen können. Solche globalen Vereinbarungen
„haben gegenüber Einzelverträgen wie TTIP den Vorteil, dass Unternehmen
weltweit zu den gleichen Bedingungen und vergleichbaren technischen Regeln
ihre Produkte anbieten können und dass die Vereinbarungen auch für
ärmere Länder gelten, die oft nicht die Chance auf bilaterale
Verträge haben, „weil sie wirtschaftlich unbedeutend sind.“.
Hemmungsloser Wettbewerb zu Lasten der 3. Welt
„Freihandel!“ fordern immer die wirtschaftlich stärksten Nationen.
Sie wollen die Bedingungen eines weiteren Wachstums ihrer eigenen Volkswirtschaften
verbessern. Freihandel setzt liberalisierten, grenzenlosen, hemmungslosen
Wettbewerb voraus. Soziale Überlegungen, Kampf für faire Preise
in den Entwicklungsländern, Bekämpfung von Armut, Unbildung,
Not und Hunger spielen dabei keine Rolle. Die starken Staaten profitieren
immer vom Boom im Welthandel. Deshalb lehnen sie eine Einmischung z.B.
der UN ab. Kontrollierter Handel, Preisgarantien, faire Handelsbeziehungen
werden als „schädlich“ und „kontraproduktiv“ abgetan.
Freihandel macht Handel für die meisten Staaten unfrei
Mit der Liberalisierung des Welthandels gelang es multinationalen Konzernen
in den 70er Jahren ein Drittel des Welthandels zu organisieren. Zu untersuchen
wäre, warum Politiker wie Sigmar Gabriel von TTIP-Gegnern (gemäß
von Beschlüssen ihrer Partei) zu leidenschaftlichen Befürwortern
mutierten. Ganz bestimmt nicht im Sinne Willy Brandts, der „Realismus ohne
Verlust an historischer Verankerung“ forderte, eine „Partei des arbeitenden
Volkes“, einen Rahmenplan der regulierten, sozialen Marktwirtschaft.
Weltweit faire Handels-Kooperation!
Die Unabhängige Kommission für internationale Entwicklungsfragen
der UN (Nord-Süd-Kommission) wählte 1977 Willy Brandt zum Vorsitzenden.
Er arbeitete eng mit Olof Palme (Schweden), Gro Harlem Brundtland (Norwegen)
und Bruno Kreisky (Österreich) zusammen. Sie entwarfen Entwicklungsstrategien
für solidarisches globales Handeln. Sie reagierten auf das eklatante
Ungleichgewicht in der Weltwirtschaft. Auf Kosten des Südens wurden
die Menschen auf der Nordhalbkugel immer reicher. Um die Hungerkatastrophen
im Süden zu bekämpfen, schlug die Nord-Süd-Kommission global
gerechtere Wirtschaftsreformen vor (nach dem Konzept von Keynes und auf
der Grundlage der Untersuchungen von Rául Prebisch. Sie trafen bei
den Industriestaaten auf heftigen Widerstand. Brandt, Brundland, Kreisky
und Palme sahen in Armut und Hunger den wesentlichen Grund für kriegerische
Auseinandersetzungen. Daher sahen sie die Bekämpfung von Armut als
Friedenspolitik.
Globalisierungskritiker, Gewerkschaften und Demokratie
Der Internationale Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) berichtet, dass
jedes Jahr entgegen vereinbarter internationaler Konventionen gewerkschaftliche
Arbeit immer mehr unterdrückt wird.
Neoliberale Wirtschaftspolitik, Abbau der Arbeitnehmerrechte, mangelnde
Wertschätzung der MitarbeiterInnen gehen Hand in Hand. An den Werkbänken,
in den Verwaltungen, bei den Dienstleistern der Welt werden Arbeitnehmerrechte
immer mehr abgebaut.
Gewerkschaftliche Rechte in Gefahr
Mit der Ausweitung des Freihandels haben Verbote und repressive Maßnahmen
gegen Gewerkschaften zugenommen. Gewerkschaftliche Rechte werden nach Angaben
der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) weltweit zurückgedrängt.
Rechtlosigkeit der Arbeitnehmer
Besonders bedeutsam ist die Rechtlosigkeit der Arbeitnehmer in Ländern
mit ausgeprägter Schattenwirtschaft. Dort werden überwiegend
Arbeitnehmer unter Umgehung der Abgabepflichten, also ohne Renten- und
Versicherungsschutz. Niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen,
wenig Unfallschutz, keine Sozialfürsorge, Ausbeutung von Frauen und
Kinderarbeit sind die Folge.
Internationale Mitbestimmungsrechte werden beschnitten
Auch Tarifverhandlungen sind unter den Bedingungen eines liberalisierten
Weltmarktes schwer durchzuführen. Die „Multis“ sind beweglicher und
können nationale Schutzrechte und vertragliche Verpflichtungen umgehen.
Es gibt beim Arbeitsrecht keine wirksame Grundlage für einen effektiven
internationalen Druck im Interesse der Beschäftigten. Sie werden,
wie einst das „Lumpenproletariat“ des 19. Jahrhunderts gegeneinander ausgespielt.
„Verglichen mit den Vorgaben der Welthandelsorganisation wirken die Richtlinien
der ILO () wie ein Katalog frommer Wünsche.“
Konventionen zum Arbeitnehmerschutz werden oft nicht anerkannt
Ein in allen Industriestaaten bzw. Ländern der 3. Welt von Parteien
stark unterstütztes gesetzliches Vorhaben zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte
durch den Bund Freier Gewerkschaften (ICFTU) findet keine Unterstützung.
Die beiden Konventionen zum Schutz der Beschäftigten und ihrer Organisationen
von 1948 und 1949 werden in vielen Ländern nicht anerkannt.
Literaturangaben:
1 Weltwirtschaft und Welthandel Putzger Atlas zur Weltgeschichte Sn.
278-279 Berlin 2009
2 „GATT“ Perthes Taschen-atlas der Welt- geschichte Sn. 222-223 Gotha
2002
3 Arbeitnehmerrechte und Gewerkschaften in Gefahr Rittershofer; Lexikon
Wirtschaft S. 220 Köln 1994
4 Arme und reiche Länder in der „Einen Welt“ Vierecke u.a.; dtv-Atlas
Politik S. 207 München 2009
5 Die andere Welt ist möglich Nikonoff in: Die Globali-sierungsmacher
S. 109 Le Monde Diplomatique Berlin 2007
6 Freihandel in der Krise Atlas der Globalisierung Le Monde Diplomatique
Berlin 2003
7 Freihandel in der Krise Radvanyi u.a. in Atlas der Globalisierung
S. 122 Le Monde Diplomatique Berlin 2007
8 TTIP stoppen Bode, Thilo
Die Freihandels-lüge S. 223 München 2015
9 Weltumspannende Handels-ströme Hilgendorf, Eric dtv-Atlas Recht
1 Sn. 78/79 München 2012
10 Die Armen und die Reichen Kidron/Sigal Politischer Atlas Hamburg
1985
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